Foto Thomas Andenmatten

Willkommen am Kollegium Spiritus Sanctus. Wir laden Sie ein, der Geschichte dieses ehemaligen Jesuitenkollegiums auf einer Führung zu folgen und die Schätze in Kirche und Sakristei zu entdecken. Die im QR-Code enthaltenen Titel zu den jeweiligen Ausführungen helfen Ihnen dabei. Unterbrechen Sie den Text, falls Sie sich am Ort etwas Zeit nehmen möchten, oder überspringen Sie Erklärungen, die Sie nicht interessieren.
Sie stehen auf der Terrasse vor der Kollegiumskirche, um die imposante Anlage und ihre Bedeutung in der Region und für die Region zu erleben. Wählen Sie die Nummern 2-4
Wir stehen vor der hoch aufragenden, schlichten Hauptfassade der Kollegiumskirche. Ursprünglich setzten hier einzig die vierstufige Freitreppe und das sorgfältig aus Serpentin gehauene Hauptportal Akzente. 1939 wurde der Okulus ausgebrochen, 1943 wurde der Schutzmantel-Madonna die Bewahrung vor dem Krieg anvertraut, was im Relief aus dem Atelier Payer & Wipplinger in Einsiedeln Ausdruck fand. Gegen Süden führt eine Mauer mit Schiessscharten. Sie ist ein Relikt aus der Zeit der französischen Besetzung, welche aus dem Kollegium eine Garnison machte. Die ursprüngliche Mauer verbarg einen Garten, der sich zwischen Kirche, dem ehemaligem Gymnasium im Süden und dem 3stöckigen, noch bestehenden alten Längsbau im Osten erstreckte. In den 1970er Jahren ersetzte das Architekturbüro, Groupe 61, aus Lausanne das klein dimensionierte Gymnasiumsgebäude aus der Mitte des 19. Jahrhunderts durch einen neuen Internatsflügel. Damit erhielt die Dreiflügelanlage erstmals in ihrer über 350 jährigen Geschichte einen angemessenen südlichen Längsflügel.
Die Parallelen zum absolutistischen französischen Schlossbau sind auffallend, doch sah bereits die erste Planskizze von 1662 anstelle eines cours d’honneur eine Gartenanlage vor. Des Bauherrn städtebauliches Ziel war die Einbindung des Kollegiums in den Kreis der bedeutendsten religiösen Zentren des Zendens Brig. Das erreichte er mit auf Fernsicht geplanten Hauptfronten und einer hochaufragenden Kirche. Sie sollten in direktem Sichtkontakt mit der Wallfahrtskirche in Glis und der damaligen Mutterkirche der Pfarrei Naters stehen.
Die Berufung der Jesuiten, der Ursulinen und der Kapuziner, denen die Bildung der Oberwalliser Bevölkerung und die Seelsorge anvertraut werden sollten, waren ein Grundanliegen Stockalpers. Die Errichtung von Klöstern und eines katholischen Kollegiums erklärt sich aber auch aus dem Bestreben der Gegenreformation, den alten Glauben sichtbar zu stärken.
Falls Sie die religiöse und politische Organisation sowie die städtebaulichen Veränderungen im 17. Jahrhundert interessieren, bleiben Sie auf der Terrasse, gehen Sie zur nordwestlichen Mauerecke und wählen Sie die Nummer 3.
Sie stehen auf einer gegen Westen gehenden Felszunge, die abrupt über eine Geländestufe abfällt. Von dieser natürlichen Terrasse aus erblicken Sie, an den Türmen des Stockalperschlosses vorbei, den Turm der Wallfahrtskirche von Glis. Ihre Vorgängerbauten gehen ins 5. allenfalls ins frühe 6. Jahrhundert zurück. Das frühe Tauf- und das Begräbnisrecht gaben dieser Kirche, noch vor der Pfarreibildung im Oberwallis, eine grosse Bedeutung für die ganze Region. Sie wirkt bis heute nach.
Schauen Sie nun gegen Norden.
In der Ferne ragt aus dem Häusermeer die Turmspitze der Pfarrkirche von Naters heraus. Naters war bis zum Verlust der Zendenrichtstätte 1518 das politische Zentrum des Distrikts und bis zur Erhebung einzelner Kirchen zu Pfarrkirchen auch das religiöse. Die Grenzen der Grosspfarrei fielen mit den politischen Grenzen des Zendens zusammen.
Diese sogenannten Zenden waren innerhalb der Grafschaft Wallis kleine selbständige Republiken. Ihre Vertreter trafen sich zweimal im Jahr auf dem Landrat, um Anliegen von allgemeinem Interesse gemeinsam zu beraten. Im frühen 17. Jahrhundert beanspruchten Bischof und Landeshauptmann gemeinsam den Vorsitz. Ab 1634 war der Ratsvorsitz des Bischofs nur noch ein Ehrenrecht.
Schauen Sie nun vom Rand der Kollegiumsterrasse hinab auf die, den Hügel hinanführende Alte Simplonstrasse.
Auf dieser Verkehrsachse transportierten Säumer seit jeher Handelsgüter gegen Süden in Richtung Simplon und talwärts in Richtung Sitten oder Goms. Bedeutend für das Gedeihen des Handelsstädtchens Brig war die 1264 errichtete Suste. Das Gebäude steht noch heute. Diese Durchgangsstrasse verband den älteren Siedlungskern am Fusse des Hügels, wo sich die wichtigsten der Herrschaft und dem Handelsverkehr dienenden Gebäude befanden, mit der Häusergruppe auf der Hügelkuppe
Zu ihrer Linken sehen Sie, von Dächern und Baumkronen teils verdeckt, den Frontturm der Kapelle des 1304 gegründeten Antoniusspitals.
Die gotische Kapelle ist das älteste, noch bestehende Gotteshaus im Raume der Gemeinde Brig-Glis, ihr Turm wurde wegen eines Erdbebens im 19.Jahrhundert neu errichtet. Südlich der Spitalkapelle steht der Metziltenturm, der nach einem seiner Besitzer, Landeshauptmann Metzilten, benannt ist. Der Steinbau ist nur vorgetäuscht, denn hinter der Mantelmauer verbirgt sich ein mehrstöckiger hölzerner Blockbau. Sichtbar machen das die aneinandergereihten Fenster, deren Anordnung für den Walliser Blockbau, nicht jedoch für Mauerbauten typisch ist. 1662 bot Stockalper den Ursulinen aus Fribourg den Metziltenturm als Wohnung an. Seit dem 18.Jh verbindet ihn eine Brücke über die Strasse mit der Klosterkirche. Der Turm ist noch heute Teil des Frauenklosters.
Die regionale Bautätigkeit zur Zeit der Grundsteinlegung des Kollegiums war enorm. Falls Sie sich für diesen kurzen Exkurs interessieren, bleiben Sie auf dem Vorplatz der Kirche und wählen Sie Nr. 4.
Vor dem Hintergrund der regionalen wirtschaftlichen Blüte und durch die Initiative der reichsten Familien entstanden in der Region Brig-Glis-Naters seit der Mitte des 17. Jahrhunderts bis in die 1680er Jahre eine Fülle von privaten und öffentlichen Bauten. Den Auftakt machte bereits 1636 der Bau der Sebastianskapelle im Herzen von Brig. Dort begegnen wir erstmals der Baumeisterfamilie Bodmer aus dem Prismell, welche in Stockalpers Auftrag die bedeutendsten Bauten des Jahrhunderts realisieren sollte.
Der wohlhabende Kaspar Stockalper war Inhaber des Baumeistersamtes der Burgerschaft. Dadurch war er in der glücklichen Lage auf dem Boden von Brig und Glis – durchaus im Sinn des Barocks – städtebauliche Bauvorhaben voranzutreiben. So sollte die Sebastianskapelle einen ganzen Kranz von Kapellen erhalten. Öffentliche und private Bauten sollten mittels Galerien verbunden und die Wallfahrtskirche in Glis durch eine Parkanlage an das Städtchen Brig angeschlossen werden.
Dabei lenkte Stockalper alle Bauprojekte in der Art eines mittelalterlichen Bauherrn, dessen Ideen und Wünsche die öffentlichen und privaten Unternehmungen bestimmten.
1663, im Jahr der Grundsteinlegung für das Kollegium bestand in Glis bereits die Grossbaustelle für das Langhaus der Wallfahrtskirche. Ab 1659 erfolgten die Realisierung der Pfarrkirche in Naters und des Kapuzinerklosters jenseits der Saltina, dort wo heute das Coop-Einkaufszentrum steht.
Nach 10jähriger Bauzeit konnte der Nord-Süd gerichtete Kollegiumstrakt den Jesuiten übergeben werden, die zugehörige Kirche wurde erst 1687 geweiht. Mit Ausnahme der Pfarrkirche in Naters finden wir in allen Bauunternehmungen Kaspar Stockalper als Bauherrn und grosszügigen Gönner.
Ebenso aussergewöhnlich wie die öffentlichen waren die privaten Bauvorhaben Stockalpers. Seit 1647 erweiterte und verschönerte er sein Vaterhaus durch einen intimen Arkadenhof (Foto 5) und die Schlosskapelle. Sie sollte Bindeglied zum Palast werden. Dieser mächtige Repräsentationsbau stand bereits 1664 im Rohbau, sein aussergewöhnlicher Arkadenhof wurde um 1670 errichtet.
Im 17. Jahrhundert folgten die Neu- und Erweiterungsbauten der regionalen Wohnhäuser noch durchwegs der Walliser Blockbau-Tradition, wie sie der Metziltenturm repräsentiert. Nun brach Stockalper vor allem mit seinem privaten Grossprojekt, dem Stockalperschloss, aber auch mit dem Kollegium radikal mit dieser Bauweise.
Gehen Sie nun ins Kircheninnere. Nehmen Sie Platz und hören Sie Orgelmusik und Interessantes zur Füglister-Orgel. Aktivieren Sie den im Kirchenschiff angebrachten QR-Code und wählen Sie Nr.5.